BEIORTE, Dão
- Laurenz Möseler
- vor 5 Tagen
- 4 Min. Lesezeit
Santa Ovaia, Alva

Das Projekt BEIORTE findet seinen Ursprung 2020 im kleinen Örtchen Santa Ovaia bei Oliveira do Hospital, scheinbar im portugiesischen Niemandsland.
Tatsächlich sind wir im südlichen Eck der historischen Weinregion Dão, in Alva, am Fuß der Serra do Açor.

Die Region ist ringsum umgeben von Gebirgsketten, welche das Dão mit einem eigenen, bemerkenswert kühlen Mikroklima prägen - im Westen die Serra do Caramulo, im Süden der Nationalwald Buçacos, im Norden die Serra da Nave und im Osten das beeindruckende Gebirgsmassiv der Serra da Estrela (mit Portugals eigenem und einzigen Skiresort). Diese natürlichen Barrieren halten nicht nur aggressive kontinentale Winde fern, sondern auch den regenreichen Einfluss der Küste.
Die Region Dão erstreckt mit 388.000 Hektar zwar weit über das zentrale nördliche Portugal, tatsächliche Rebfläche beschränkt sich jedoch auf bescheidene 20.000 Hektar. Historische Terrassenlagen an kühlen Weinbergen auf bis zu 900 Metern, größtenteils auf gemütlicher Mittelhöhe zwischen 400 und 500 Metern. Diese versteckten Schätze des Dão sind durchwachsen von auchtochthonen Rebsorten, wie Touriga Nacional, Tinta Roriz und Pinheira, Trincadeira, Alfrocheiro, Jean (Mencia), Baga, Fernão Pires - und vielen, vielen mehr.
Einheimische Familienbetriebe greifen hier auf jahrehundertealte Erfahrung um Umgang mit einem Terroir, das nicht zu Unrecht als das Burgund Portugals beschrieben wird.
Durchzogen wird das Gebiet von einem Netz an Flüssen – allen voran der namensgebende Dão, der Mondego und der Alva. Sie bahnen sich ihren Weg parallel durch das Granitmassiv und spiegeln dabei das einzigartige Terroir dieser imposanten Landschaft wider.
In dieser vielversprechenden Region also startet João Costa in 2020 das Projekt BEIORTE. Der Name selbst, übersetzt “Wein”, kommt aus dem arguina Dialekt, einer alten Geheimsprache der regionalen Bauarbeiter, der arguinas.
Während der Covid Pandemie entschieden sich João und seine Partnerin Bea, sich in seinem Heimatsort niederzulassen und dem kleinen Keller des Urgroßvaters ein zweites Leben zu verpassen. Dieser versorgte lange die Tavernen der Region mit Fasswein. Aber das junge Duo hat Tatendrang. Sie schlagen eine neue, ehrgeizige Richtung ein.
In der Nachbarschaft stießen sie auf alte Weingärten, kleine Anlagen, bepflanzt in historischen gemischten Sätzen, die lange stillagen und langsam in Vergessenheit gerieten. Diese tief verwurzelten Stöcke wurden bereinigt, wiederbelebt würden wir sagen, sind lebendiger als je zuvor. Das Ergebnis sind vier einzigartige Weine, drei rote, ein weißer.
Sr. Roubado branco 2023
In den Sr. Roubado kommen Trauben aus einem alten Weingarten aus Santa Ovaia, in der Nähe des Weinguts, auf 500 Meter Höhe. Name und Etikett sind Joaos Urgroßvater, und so der weinträchtigen Geschichte der Familie und des Dorfes gewidmet.
Die Reben wurden 1960 ausgepflanzt und 1980 ergänzt, wir finden hier Fernão Pires, Bical, Malvasia Fina, Encruzado, Arinto und mehr obskure alte Sorten. Der karge Granitboden bringt einen sehr feinen, straffen Wein, der im Keller 4 Tage mazeriert und teils im Holz, teils im Stahl ausgebaut wird.
Sehr saftig, aber auch teeig, hat was von Sencha Eistee mit Zitrone, das sehr feine Tannin und leichte Ätherik, im Finish dann voll Salzzitrone. Ein durchdachter Spaßwein.
Sr. Roubado tinto 2022
Auch der rote Sr. Roubado ist Joaos Vertreter seiner Heimat, Santa Ovaia. Tinta Pinheira, Baga, Trincadeira, Alfrocheiro, Jean, Tinta Roriz, Ouriga Nacional, Castelão und noch mehr historische Rebsorten wachsen hier durcheinander.
1960 ausgepflanzt, 1980 ergänzt, bringt diese karge Lage einen überraschend spaßigen Rotwein heraus. Die Mazeration wird eher kurzgehalten mit 10 Tagen, danach 15 Monate in Tonneaux und 6 Monate Ruhephase im Stahl.
Öffnet sich mit einer feinen Reduktion und explosiver, frischer Beerenfrucht. Viel Zwetschke, fein astringierend und eine super Säure, alles sehr fruchsaftig, aber knockentrocken und lang. Wären wir in der Serra de Estrella Skifahren, wär das Pflichtgetränk!
Cidade 2022
Eine besondere 1.3 Hektar Lage in Santa Ovaia, ein Tribut an den Granit. Ein 1960 gepflanzter gemischter Satz mit Tinta Pinheira, Trincadeira, Tinta Carvalha, Alfrocheiro, bisschen Touriga Nacional, Jean, et cetera. Die Exposition ist gen Norden, was ungewöhnlich ist, den Wein aber mit einer außergewöhnlichen Frische ausstattet. 10 Tage Mazeration, 15 Monate Tonneaux (500l), 6 Monate Ruhephase im Stahl.
On impact ist das sehr straff und karg. Säureschweif dreitausend, unterlegt von einer kernigen Tanninstruktur, das hat was von Aronia und Brombeersaft. Schmeckt gesund! Ist mit 11.5% auch sehr animierend. Ein kurzer Abstecher in den Belüfter belohnt massiv mit den Feinheiten der sehr alten Reben. Sauerkirsche, Ribisel, ein Hauch von Eisen, erinnert ans Südburgenland ;).
Palhais 2023
Die Palhairas dos Fias ist ein historischer Fleck weiter westlich im Dao, bei Fiais da Beira am Rio Mondego. Der Granitboden ist hier durchlaufen von Sand, Schluff und Quartz. Joao durfte diese kleine Parzelle adoptieren: Ein uralter Mischsatz, vor 1940 ausgepflanzt mit Baga, Cidreiro, Trincadeira und Touriga Nacional.
9 Tage mazeriert, 13 Monate rein im Stahl ausgebaut. Auf Holzeinfluss wird hier gezielt verzichtet, die Feinheiten der uralten Reben und kargen, mineralstoffreichen Böden stehen voll im Fokus.
Straff und präzise, helle und dunkle Beeren in einem Kräutergarten, eine beerige Säure, auch was von Grapefruit und Granatapfel, Anklänge eines (nicht vorhandenen) Holzeinflusses, Kakao, eigentlich eine super Kombination, sehr stimmig. Im Abgang fein salzig. Liest sich wie eine urgute Schokolade. Passt aber auch erstklassig zu mariniertem Schweinefleisch. Im Bairada, eine Stunde westlich, wird das berühmte Leitão da Bairrada mit Orangenscheiben serviert. Wer das Pairing ausprobiert, bitte um Feedback!